Skandalurteil: Motorradfahrer grundsätzlich selber schuld
Verfasst: Do 12. Apr 2012, 13:52
Hallo Leute,
Rüdiger (Big Daddy) war so nett, beim MOTORRADFAHRER anzufragen, ob wir diesen wirklich nachdenklich stimmenden Artikel veröffentlichen dürfen. Der Verlag (http://www.motorradfahrer-online.de) hat es freundlicherweise erlaubt, also hier das Editorial von Jürgen Schons:
Motorradfahrer 4/2012, S.3
EDITORIAL
Deutsche Gerichte fällen zuweilen Urteile, bei denen man sich als Betrachter fragen muss, ob in den Köpfen der Richter etwas vorgeht und wenn ja, was. Das Amtsgericht Freiberg in Sachsen hat am 24. Januar einen 21-jährigen Radfahrer wegen fahrlässiger Tötung zu 300 Euro Geldstrafe und zur Teilnahme an einer Verkehrsschulung verurteilt.
Er war auf der B 173 zwischen Falkenau und Oederan beim Versuch, auf dem Rad einen Pullover anzuziehen, gestürzt. Das Fahrrad brachte einen nachfolgenden Motorradfahrer zu Fall, der Famlienvater rutschte in die Leitplanke, die nach Ansicht eines DEKRA-Sachverständigen dort gar keinen Sinn macht, und verstarb noch an der Unfallstrecke.
Der eigentliche Skandal ist jedoch weder die überflüssigerweise montierte Leitplanke noch die Tatsache, dass sich der Radfahrer während der Verhandlung nicht zu einer Bitte um Entschuldigung durchringen konnte. Nein, viel schlimmer ist die Feststellung der Richterin, dass der Motorradfahrer, der an einer Stelle, an der 100 km/h erlaubt sind, zwar nur mit 80 bis 90 km/h unterwegs gewesen sei, aber damit dennoch zu schnell. Ihn träfe also ein erhebliches Mitverschulden.
Was für eine Logik: Da verhält sich ein Motorradfahrer vollkommen regelkonform, das unverantwortliche Verhalten eines Radfahrers kostet ihn das Leben, aber er ist selber schuld. Was fährt der auch Motorrad, noch dazu bei Dunkelheit? Weiß doch jeder, dass das gefährlich ist. Dagegen hatte der Radfahrer einfach nur Pech, er war zur falschen Zeit am falschen Ort, wie die Richterin befand.
Ehemann weg, Vater weg, Ernährer weg: Das Urteil ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen, sondern hat womöglich noch weit schwerere finanzielle Auswirkungen für sie. Denn wenn ein Gericht dem Unfallopfer eine Mitschuld attestiert, können Versicherungen den fälligen Schadenersatz kürzen. Falls der Radfahrer überhaupt versichert war. Ansonsten schaut die Familie des Motorradfahrers komplett in die Röhre. Und das im Namen des Volkes.
Jürgen Schons, stv. Chefredakteur "Motorradfahrer"
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags
http://www.motorradfahrer-online.de
Anbei noch das PDF. Danke an Rüdiger und den MOTORRADFAHRER! Schöne Grüße
Christoph
Rüdiger (Big Daddy) war so nett, beim MOTORRADFAHRER anzufragen, ob wir diesen wirklich nachdenklich stimmenden Artikel veröffentlichen dürfen. Der Verlag (http://www.motorradfahrer-online.de) hat es freundlicherweise erlaubt, also hier das Editorial von Jürgen Schons:
Motorradfahrer 4/2012, S.3
EDITORIAL
Deutsche Gerichte fällen zuweilen Urteile, bei denen man sich als Betrachter fragen muss, ob in den Köpfen der Richter etwas vorgeht und wenn ja, was. Das Amtsgericht Freiberg in Sachsen hat am 24. Januar einen 21-jährigen Radfahrer wegen fahrlässiger Tötung zu 300 Euro Geldstrafe und zur Teilnahme an einer Verkehrsschulung verurteilt.
Er war auf der B 173 zwischen Falkenau und Oederan beim Versuch, auf dem Rad einen Pullover anzuziehen, gestürzt. Das Fahrrad brachte einen nachfolgenden Motorradfahrer zu Fall, der Famlienvater rutschte in die Leitplanke, die nach Ansicht eines DEKRA-Sachverständigen dort gar keinen Sinn macht, und verstarb noch an der Unfallstrecke.
Der eigentliche Skandal ist jedoch weder die überflüssigerweise montierte Leitplanke noch die Tatsache, dass sich der Radfahrer während der Verhandlung nicht zu einer Bitte um Entschuldigung durchringen konnte. Nein, viel schlimmer ist die Feststellung der Richterin, dass der Motorradfahrer, der an einer Stelle, an der 100 km/h erlaubt sind, zwar nur mit 80 bis 90 km/h unterwegs gewesen sei, aber damit dennoch zu schnell. Ihn träfe also ein erhebliches Mitverschulden.
Was für eine Logik: Da verhält sich ein Motorradfahrer vollkommen regelkonform, das unverantwortliche Verhalten eines Radfahrers kostet ihn das Leben, aber er ist selber schuld. Was fährt der auch Motorrad, noch dazu bei Dunkelheit? Weiß doch jeder, dass das gefährlich ist. Dagegen hatte der Radfahrer einfach nur Pech, er war zur falschen Zeit am falschen Ort, wie die Richterin befand.
Ehemann weg, Vater weg, Ernährer weg: Das Urteil ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen, sondern hat womöglich noch weit schwerere finanzielle Auswirkungen für sie. Denn wenn ein Gericht dem Unfallopfer eine Mitschuld attestiert, können Versicherungen den fälligen Schadenersatz kürzen. Falls der Radfahrer überhaupt versichert war. Ansonsten schaut die Familie des Motorradfahrers komplett in die Röhre. Und das im Namen des Volkes.
Jürgen Schons, stv. Chefredakteur "Motorradfahrer"
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags
http://www.motorradfahrer-online.de
Anbei noch das PDF. Danke an Rüdiger und den MOTORRADFAHRER! Schöne Grüße
Christoph