SARDINIEN

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Didi

SARDINIEN

Beitrag von Didi »

Juli 2010
Stück für Stück fahre ich dem Alltag entgegen. 700 öde Kilometer auf der Autobahn liegen
hinter mir. Nach ein paar Stunden fangen der Nacken und die Arme an zu schmerzen und
der Hintern sucht völlig losgelöst vom Bewusstsein ständig die günstigste Position.
Ich stelle die Maschine auf den Ständer und falle fast runter, weil mein rechtes Bein an der
Gepäckrolle hängen bleibt. Der Motor glüht und knackt vom stundenlangen
Kilometerfressen. Kurze Stopps an den Tankstellen entlang des Weges mussten als
Ruhepause reichen.
Jetzt stehe ich da. Keiner bemerkte meine Ankunft. selbst der Hund schien in der Hitze jedes
Geräusch zu verdrängen .Ich schließe einen Augenblick die Augen und lasse mich für einen
Moment von den Erlebnissen der vergangenen Tage in den Dolomiten und Frankreich
einfangen. Mit jeder Faser meines Körpers spüre ich, alles andere als angekommen zu
sein.Iich will wieder weg. Am besten gleich.
Eines steht ganz klar fest: das Ende des einen, stellt den Anfang des nächsten Urlaubes da.

Sardinien 2011
Die neue Tour beginnt so wie die letzte endete: auf der Autobahn. Kilometer für Kilometer
treibt es mich zum Ziel. es ist ermüdend und doch muss konzentriert gefahren werden. Jede
Böe kann einen ins Trudeln geraten lassen, mit jedem vergessenen Schulterblick riskiert
man, die Motorhaube eines vierrädrigen Gefährt s zu zieren. aber ich genieße jeden Meter
.Ich liebe das Fahren. Ich höre das Brummen und spüre das Vibrieren des Motors. Die Luft
zieht an einem vorüber, pfeift am und im Helm. Die Nase erreicht alles ohne Umweg. Ich
fühle mich frei und ja, es klingt wie ein tausendfach verwendetes Klischee. Motorradfahrern
bedeutet für mich Freiheit, Lust am Leben, eine Mischung aus Adrenalin und Endorphinen.
tatsächlich durchströmt mich immer wieder ein Glücksgefühl, real spürbar.
Es dauerte nur kurze Zeit, ehe das neue Ziel feststand. SARDINIEN
In meiner Erinnerung bunkerte noch ein Bericht über diese wunderschöne Insel, der bereits
damals die Neugier in mir weckte. Also ran an den Computer und Google. Schnell fand ich
einen Hinweis auf einen Reiseführer über die schönsten Motorradtouren auf Sardinien. Noch
am selben Abend orderte ich das Buch über Amazon und zwei Tage später lag es in meinem
Briefkasten. Einmal durchblättern und Sardinien stand als nächstes Reiseziel endgültig fest.
Dann las ich den Reiseführer in Ruhe. die Vorfreude stieg mit jeder Seite. Bereits im Januar
buchte ich das Ticket für die Fähre von Livorno nach Olbia. Das perfekte Englisch meiner
Tochter half bei der Reservierung eines Hotelzimmers unmittelbar am Hafen von Livorno.
Jetzt hieß es warten!
10.06.2011
Scharfer Start. Das Motorrad ist gecheckt, neue Reifen zieren die Felgen. in den letzten
Tagen arbeitete ich eine Liste ab, auf der die Dinge standen, die ich für die nächste Zeit
benötige. Schnell noch einmal sämtliche Gurte festgezogen. los, los, los!
Besser kann es nicht beginnen. die Sonne scheint. Es ist warm. Gleich wird sich zeigen, ob
der Helm seinem Preis gerecht wird. Lüftungsklappen auf.
Am Ende des Tages stehen 628 km mehr auf der Uhr. Mir pfeifen die Ohren, einfach unklar.
Der Helm ist fantastisch, aber leider auch ziemlich laut. Irgendwo im Gepäck befindet sich
noch Ohropax, das ich wohl Morgen einstöpseln werde.
Erste Zwischenstation auf dem Bauernhof Jais in der Nähe von Tegernsee.
In Bayern geht’s gottesfürchtig zu. Ein armer hölzerner Jesus hängt über meinem Bett. Drei
Gipsengel lächeln mich von der Wand an und ein stoffüberzogenes Nachtischlämpchen sorgt
für die romantische Stimmung. Was könnte Jesus wohl alles erzählen.
Nach einem riesigen Holzfällersteak saß ich auf dem Balkon und wurde Zeuge eines
grandiosen Sonnenunterganges. Abgesehen vom tinitusgleichen Geräusch in meinen Ohren
fühle ich mich gut. Schade, dass die Lautstärke meines mp3 Players nicht gegen den Lärm
im Helm ankommt.
Noch 150 km bis Innsbruck, Italien schon fast greifbar. Mit dieser Aussicht setzte ich meine
Fahrt bei sonnigem Wetter fort. Zuvor verabschiedeten sich die Gastgeber mit einem
exklusiven Frühstück, so wie ich es noch nie in einer Pension erlebte. Ein voller Tisch mit
verschiedenen Brötchen, Brot, Wurst, Käse, Marmelade, Kaffee, Tee, Säfte, Sekt, Müsli,
Rührei usw. Nachdem ich genudelt und mit einem zufriedenen Lächeln im Stuhl versunken
das Geld zusammensuchte, stellte die Hausherrin noch rote Grütze und frisch zubereitete
Eierkuchen auf den Tisch. Obwohl nichts mehr ging, schaffte ich es, den Teller auch noch
leer zu bekommen, lecker, wie bei Muttern. Das heißt einiges.
Irgendwann verfinsterte sich der Himmel. das sonore Brummen meines Zweiakters trieb die
Wolken vor sich her und schließlich auseinander. Die Sonne stach endgültig durch. Was für
ein Tag! Der Stress begann auf der Brennerautobahn. Gebaut in den sechziger
Jahren handelt es sich um eine der ersten Gebirgsautobahnen der Welt. An der Mautstelle
verhießen die vielen Autos nichts Gutes. Trotzdem rollte es erst einmal. Irgendwann holte
mich die Realität ein. Megastau! Nichts ging mehr. Mir lief der Schweiß aus allen Poren. Die
Textilkleidung für Motorradfahrer ist nicht wirklich atmungsaktiv. So stand ich quasi unter
Wasser. Unter meinem Helm kochte es. Der Motor strahlte eine bedenkliche Hitze ab.
Mehrere Autofahrer erwischte es arg. Verzweifelt standen sie am Randstreifen, die
Motorhaube offen und sahen verzweifelt Dampf aus dem überkochten Motor aufsteigen. Es
stand alles still. Seit langem habe ich mich nicht mehr so über mich geärgert, wie am
heutigen Tag. Ich Idiot wählte den direkten Weg in die Katastrophe, statt in Sterzing von der
Autobahn abzufahren. Verdammt, warum habe ich nicht auf mein Bauchgefühl gehört. Mir
war 100 m hinter der Ausfahrt klar, den falschen Weg gewählt zu haben. Weitere 900 m
später grinsten mich die Bremslichter der vor mir Fahrenden schäbig an. Mist, keine Lücke,
durch die ich mich schieben könnte. Mit den Koffern links und rechts bin ich nicht grad
schmal gebaut. Nach fast zwei Stunden tauchte die nächste Abfahrt auf. Mittlerweile sorgte
ich mich echt um meine Dogge, denn eine Luftkühlung funktioniert nun einmal nur bei voller
Fahrt. Alle Wasservorräte liefen schon vor einer Stunde durch die trockene Kehle und
zeitgleich als Schweiß wieder raus. So scheiße muss sich wohl ein Irrender in der Wüste
fühlen. OK, Abfahrt runter und neu orientieren. Erst einmal Flüssigkeit tanken und gemütlich
entlang der Passstraße cruisen. Fuck auf den schnellsten Weg. Die verlorene Zeit war nicht
mehr aufzuholen. Später setzte ich den Blinker und rauf ging es auf die Autobahn in
Richtung Verona, dann Modena und Bolognia. Gegen 20.00 Uhr nahm ich die Ausfahrt
Richtung Maroni. Der Tacho zeigte mittlerweile 600 gefahrene Kilometer an, Müdigkeit
schlich sich ein und es wurde Zeit, ein Nachtquartier zu finden. Zum ersten Mal in diesem
Urlaub rollte ich auf einer schön geschwungenen Straße entlang, schöne Kurven, ganz
entspannt zu fahren. Nur war mir mittlerweile nicht mehr danach. Kein Campingplatz, kein
Hotel, kein Zimmer. Es war zum verzweifeln. Langsam kam die Nacht auf und mein getöntes
Visier musste oben bleiben. Vermutlich aus lauter Hohn nahmen es Schwärme von kleinen
Fliegen zum Anlass, den Freitod direkt in meinem Gesicht zu wählen. Den Zähesten gelang
es, seitwärts in den Helm zu kriechen und für Bruchteile von Sekunden meine
Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Mistviecher! Schließlich dockte ich in Poretta an. In der
Stadt schien keiner zu schlafen. Es herrschte Hochbetrieb auf den Straßen. Vor den Bars
und Cafés saßen Menschen zuhauf, redeten, gestikulierten, lachten. Nur mir gelang es just
in diesem Augenblick nicht, es zu genießen. Schön-ein Hotel warb mit großen Lettern für
sich, sah von außen aber gar nicht so beeindruckend aus. Nichts wie rangefahren, hinein
und 30 Sekunden später wieder hinaus. Nein, ich war nicht bereit, 70,00 € für ein Zimmer
auszugeben. Ihr könnt mich mal. Also wieder aufgestiegen, Schlüssel rum, Starterknopf
gedrückt und ab. Keine fünf Minuten später nahm meine Unruhe zu. Neben der dunklen
Nacht, den Fliegen und dem fehlenden Bett kam eine gelbe Lampe im Display hinzu. Ein
klares Signal, den Zapfhahn in die Hand zu nehmen und den Tank vollzumachen. Wer noch
nie in Italien unterwegs war, muss zu diesem Thema folgendes gesagt werden: Tanken in
Italien und das auch noch in der Pampa kann zu einem Problem ausarten. Ich hatte keinen
blassen Schimmer, wann die nächste Tanke auftaucht und selbst wenn, heißt das noch lange
nicht, den so dringend benötigten Saft zu bekommen. Italiener sind wahnsinnig
entgegenkommende Leute. Bis 18.00 Uhr kannst du ruhig sitzen bleiben, ein Tankwart ist
immer da, der für dich nachfüllt und gleich kassiert. Danach wird’s schon mal schwierig. Die
kleinen Tankstellen mit ein oder zwei Säulen machen gänzlich dicht. An den anderen warten
die Tankautomaten. Wie oft ich an diesen Dingern schon geflucht habe. Das Procedere sieht
so aus: Bike abstellen, Handschuhe aus, Tankrucksack abschnallen, an den Automat gehen,
Geld aus der Börse ziehen und den gierigen Schlund füttern. Der nimmt natürlich nur
Scheine. Also beginnen wir mal mit dem Fünfer, oh-der Schein wird ausgewürgt, zweiter
Versuch mit einem Zehner, dann mit einem Zwanziger und jedes Mal dasselbe Ergebnis.
Langsam wird mir das Ganze zu bunt, den Fünfziger bekommt das Scheißteil nicht, denn
wechseln ist nicht angesagt. Ok, meistens klappt es aber und das Prinzip funktioniert. Was
ich damit sagen möchte: Eine Tankstelle, gerade in der Nacht, rettet nicht unbedingt vor
einem trockenen Tank. Mittlerweile setzte eine leichte Panik ein. Zwischen mir und Poretta
lagen mittlerweile 30 km und immer noch nichts zu sehen. Es war eine pechschwarze Nacht.
Ein Blick auf die Landkarte gab auch nichts her. An dieser Straße in den Bergen schien
niemand zu wohnen. Mir kam es mittlerweile wie eine Verschwörung vor.
Plötzlich Licht. Ein einzeln stehendes Gebäude mitten in der Pampa. Klein, etwas versteckt
angebracht, sah ich ein Schild. B&B! Kaum zu glauben. Mitte im Nirgendwo steht eine
Kneipe, die auch noch Zimmer vermietet. Schon vor der Tür empfingen mich zwei alte
Herren. Übernachten? Si, no Problema . Das wollte ich hören! Nach der Ungewissheit der
letzten Stunden und den vielen Kilometern war ich echt breit. Es fehlte nicht viel, um den
beiden Alten um den Hals zu fallen. Das nenne ich Herzlichkeit, eine Begrüßung, die in
Deutschland eher nicht zur Regel gehört. Nichts wie rein in die Kneipe. Mittlerweile zeigte die
Uhr viertelelf an. Es herrschte Radau, ein unheimliches Stimmengewirr. An ca. 10 Tischen
verteilt, saßen Großfamilien-von Oma, Opa bis zum Baby und scheinbar gab es viel zu
erzählen und das mit entsprechender Lautstärke, versehen mit dem nötigen Temperament
der Südländer von Tischseite zu Tischseite. Ich fühlte mich sauwohl. Erst einmal mussten
die Formalitäten erledigt werden und ja, no problema, für das Motorrad findet sich eine
Unterstellmöglichkeit, später. Als zweites schleppte ich meine Sachen ins Zimmer, das sich
als schlicht, aber mit allen erforderlichen Annehmlichkeiten ausgestattet, herausstellte. Fünf
Minuten lag ich einfach nur auf dem Bett und starrte an die Decke, dann aber fix unter die
Dusche, rein in andere Klamotten und ab ins Gewimmel. In der Kneipe waren nur an der Bar
und an ein paar am Rande stehenden Tischen, Plätze frei. Die Lautstärke hatte um keinen
Deut nachgelassen. Ich schaute auf die Karte, bestellte eine Pizza und einen Chianti. Zehn
Minuten später stand Beides vor mir. Der dunkelrote Wein nahm meine Sinne in Anspruch.
Ich genoss den ersten Schluck, lecker. Ehrlich, ich hatte es mir verdient. In diesem Moment
war ich glücklich. Ich vermisste nichts und empfand die Rolle des stillen Beobachters als
völlig ausreichend An diesem Abend brauchte ich nicht Mehr. Irgendwann schien es dem
Koch gelungen zu sein, auch das letzte hungrige Maul zu stopfen Nun standen wir zu viert
vor dem Haus. Die drei Italiener sprachen aufeinander ein, schienen etwas abzuwägen, von
dem ich nichts verstand. Wie außerordentlich musste das Problem sein, dass man es so
intensiv und voller Emotionen nachts um halb zwei darüber diskutieren muss. Also, auf dem
Punkt gebracht. Die steile Abfahrt zur Garage runter in den Keller bereitete den Drei Sorgen
(wirklich steil!). In Folge schufen der Koch und ich in einer Wellblechgarage Platz, rangierten
die Maschine inmitten von Feuerholz für den Winter und dem Hackklotz ein. Tür zu, Pfahl
drunter. Gute Nacht!
Am Morgen weckte mich, die durch die Fensterläden scheinende,
Sonne. Die Anzeige auf dem Handy verriet mir, fast acht Stunden am Stück geschlafen zu
haben. Ich trat auf die riesige Terrasse. Die Wärme um diese Zeit ließ ahnen, dass die
Temperaturen wieder im Grenzbereich des Erträglichen liegen werden. Aber ich mag es so.
Zum Frühstück standen ein Cappuccino und zwei Croissants auf dem Programm. Schnell
das Bike satteln, alles fest vergurtet, nochmals kontrollieren und winkend verabschiedeten
wir voneinander. In der nächsten Stadt, so der Wirt, befindet sich die nächste Tankstelle. Es
ging leicht bergab, das Bike rollte die Straße fast von allein hinab und direkt an die
nächste self made Tankstelle. Man war ich froh. Die Anspannung fiel von mir ab. Viel
Spielraum hätte ich nicht mehr gehabt, denn es befand sich grad noch ein knapper Liter im
Tank.
Wie geht’s heute weiter? Meine Entscheidung stand fest. Viele Straßen führen nach Livorno.
Ich entschied mich für die Kleinen. In Folge muss man damit rechnen, das ein oder andere
Verkehrsschild nicht zu sehen zu bekommen. Es kam wie es kommen musste. Ein Mal nicht
aufgepasst und schon fand ich mich auf der Autobahn nach Florenz wieder. Das darf doch
nicht wahr sein! Die Sprüche unterm Helm waren nicht jugendfrei! Zwei Euro später fuhr ich
wieder ab und fand mich zum zweiten Mal an diesem Tag im Zentrum von Monticatini Terme
wieder. Wie der Name es schon verrät, handelt es sich um eine Kurstadt, die mit ihren
Thermen zu den besten Italiens gehört. Zweiter Anlauf! ich Depp vergeige es fast wieder.
Erst in letzter Sekunde sah ich das Hinweisschild nach Lucca und Livorno. Also doppelt
aufpassen.
Jetzt bekam ich auch noch die Gelegenheit, meine Regenjacke auszuprobieren. Ergebnis:
Test mit Bravour bestanden. Nur eine Stunde später verpackte ich das Teil wieder im
Tankrucksack. Die Sonne schien mit der gewohnten Hitze herab.
Ich ritt in Livorno ein. Als Niederlassung zählte Livorno 1551 grade einmal 748 Einwohner.
Ein paar Jahrhunderte und Kriege später, leben heute ca. 160.000 Menschen in der Stadt.
Nicht zuletzt trug der strategisch gut gelegene Hafen, der zu den größten Italiens zählt, dazu
bei.
Mein Navi leistete hervorragende Arbeit und dirigierte mich in die Altstadt. Nur einmal
verfahren und schon stand ich vor der Tür des B&B „Limbarco“. Beim Anblick der
Außenfassade fiel es mir schwer, auf ein vernünftiges Zimmer zu hoffen. Na gut, erst einmal
drei Stockwerke hinauf und klingeln. Nichts passiert. Lass das nicht wahr sein. Ich will
einfach nur raus aus der Sonne, mich auspellen und die Altstadt erkunden. Stattdessen
stehe ich vor verschlossener Tür. Es bleibt noch das Telefon. Tatsächlich geht jemand am
anderen Ende der Leitung ran, eine Frau. Nur leider spricht sie noch schlechter Englisch als
ich. Sie scheint mich nicht zu verstehen und ich kann nur Vermutungen aus dem Gehörten
ableiten. Sie verabschiedet sich mit: uno Moment, der ca. 10 Minuten dauerte. Jetzt rief der
Ehemann an. Die Antwort auf meine Frage, wann ich mein Zimmer beziehen könne, fiel für
mich nicht unbedingt befriedigend aus. Ich fand es eher ärgerlich, noch drei Stunden warten
zu müssen. Mir blieb keine andere Wahl, als mein Zeug zusammenzupacken und das
nächstbeste Cafe zu suchen. Später begrüßte mich eine gutaussehende Italienerin und
entschuldigte allein mit ihrem Aussehen, den für mich ein Stück weit verkorksten Nachmittag.
Wieder einmal das Gepäck hochschleppen, die Pelle ablegen, duschen, in die lockeren
Klamotten rein und ab auf die Piste. Zuallererst schaute ich mir den Hafen an, der tatsächlich
in fünf Minuten per Fuß zu erreichen ist. Klasse, mit dem Motorrad werde ich mich morgen
regelrecht in die Fähre beamen.
Ganz in der Nähe befindet sich der Stadtteil „Venezia Nova“ , sozusagen ein Venedig in
Kleinstformat, allein die Gondoliere fehlen. Die Festungsanlagen „Fortezza Vecchia“ und “
Fortezza Nuova“ liegen direkt am Hafen. Mitten in der Altstadt befindet sich der Dom. Auf
den davor befindlichen Stufen lässt es sich gut sitzen und dem Treiben auf dem Platze
zuzuschauen. Es gibt wohl noch weitere Sehenswürdigkeiten. Eine Klosteranlage „Santuario
di Montenero“, die Domikanerkirche und anderes mehr.
Gegen neun fand ich gegenüber dem Dom eine kleine Pizzeria und schloss den Abend mit
einer Calzone und Wein ab. Es schmeckte.
In Livorno erlebte ich erneut diese liebenswerte Mentalität der Italiener, die ich, egal wo,
immer wieder erlebe, auch abseits der Touristenhochburgen. Ich behaupte, dass das nicht
eine Masche der Menschen ist, sondern ein Stück weit ihre Lebensart. Die Altstadt von
Livorno ist sehenswert, auf wenn sie mich nicht direkt vom Hocker riss.
Um fünf Uhr morgens verkündete mein Handy im Sprachmodus: „Zeit aufzustehen. Es ist
fünf Uhr. – Zeit aufzustehen. Es ist fünf Uhr“. Zweimal die Augen gerieben, einmal
durchgestreckt – raus aus den Federn!
Die Fähre legt um acht ab. Auf dem Ticket findet sich der Hinweis, dass der Check in um
sieben abgeschlossen wird. Also lieber etwas eher da sein. Die Taschen schleppte ich zügig
hinunter, trank noch einen ekligen Automatenkaffee und setzte mich in Bewegung.
Kein Auto an der Einfahrt zum Hafen zu sehen. Gestern noch sprach ich mit dem Personal
an der Schranke, die mir bescheinigten, eben an dieser Stelle morgen reinzufahren. OK,
mich erwartete kein Problem. Der Mann an der Schranke erklärte mir, wo ich die offizielle
Zufahrt finde. Mir blieb ausreichend Zeit, um den einen Kilometer dorthin zu fahren.
Vorausgesetzt das Bike springt an. Tat es aber nicht. Das darf doch nicht wahr sein. Alles
Probieren und Nachschauen brachte nichts. Ich spüre, wie mir heiß wird. Mir gehen alle
erdenklichen Szenarien durch den Kopf. Schaffe ich die Fähre? Was tun, wenn nicht?
Allerdings hörte ich ein Geräusch, das ich lieber nicht hören wollte. Andererseits wusste ich
in diesem Moment, woran das Vorwärtskommen scheiterte. Ganz schlicht und ergreifend:
Die Batterie ist alle, kein Saft mehr da. Ob Anschieben hilft? Einfach versuchen. Der Security
Mann steht schon parat. Leider verweigern 300 Kilo schon mal die Mitwirkung. Trotz der
angenehmen morgendlichen Temperatur begann ich spätestens jetzt zu schwitzen.
Starter Kit, das muss die Lösung sein. Hilfsbereit ordert der Sicherheitsmann einen
Kollegen, der prompt erscheint und das Beste gibt. Nichts. Es passiert einfach nichts. Ich
sehe meine Felle davon schwimmen. Wie soll ich jetzt an eine Batterie kommen? Fällt die
Fahrt nach Olbia für mich heute aus? Als ob der Sicherheitsmann meine Gedanken lesen
könnte, legte er seine Pranke auf meine Schulter und sagte: „No problem, take your bike, go
to the corner, then change to the ride side and behind the bar is place.“
Dankbar schaue ich den Typen an. Fürs erste bin ich gerettet. In Olbia werde ich einen
Händler finden, mit dem ich das Problem lösen werde. Nach zweihundert Metern drücke ich
den Starterknopf. Die Karre springt an. Was war das denn, bitte schön? Mein
Adrenalienspiegel befand sich immer noch im oberen Bereich. Zeit Endorphine
auszuschütten. Na klar, beim Versuch die Batterie mit dem Starter Kit wiederzubeleben, lag
noch der erste Gang drin. Logisch, da reagiert bei keinem Motorrad der Anlasser.
Nach 500 Metern reihte ich mich unmittelbar neben ein paar österreichischen Bikern ein, die
die ganze Nacht durchgefahren waren, um die Fähre zu erwischen. Hinter uns stand eine
ganze Armada von LKWs, Wohnwagen, Wohnmobilen und Autos. Durch den „seitlichen
Beitritt“ fehlten mir noch die erforderlichen Papiere. So ging es per pedes zurück. Erst nach
anderthalb Kilometern stieß ich auf die Einweiser, bei denen ich schließlich eincheckte und
mit den nötigen Aufkleber und Stempel ausgestattet, zurückkehrte. Zumindest für uns
Motorradfahrer sehe ich die Zweistundenfrist nicht als wirklich bindend an, wenn man
bedenkt, dass wir gegen viertelacht als Erste auf die Fähre fuhren. Aber: fünf nach Acht legte
die Fähre ab! Es folgten acht ermüdende Stunden auf der spiegelglatten See. An mir ging
spätestens jetzt ein Kreuzschiffurlauber verloren. Mich reizte diese Art Urlaub ohnehin noch
nie. Dieser unsägliche Massentourismus. In einer Reportage wurde über das Leben auf
einem Kreuzfahrtschiff berichtet. Ich fand das ziemlich skurriel und beängstigend, nichts für
mich.
Dann tauchte Olbia aus dem Dunst, der zwischenzeitlich aufgezogen war, auf. Endlich!
Sardinien! Der Traum der letzten Monate lag zum Greifen vor mir. Dazwischen lag allerdings
das Löschen der Ladung. Wir Motorradfahrer verließen das Schiff in umgekehrter
Reihenfolge, das heißt, eine ordentliche Ladung Abgase zu schlucken. Doch dann: das erste
Mal auf sardischem Boden. Eine fantastische Stimmung lag in der Luft. Vor Freude lachte ich
in den Helm, fühlte mich großartig und voller Vorfreude auf die nächsten Tage.
Die Batterie sollte durch eine Neue ersetzt werden. Mir erschien das Risiko, deswegen in
den Bergen liegen zu bleiben, als zu hoch. An einer Tankstelle telefonierte der Pächter einen
Mitarbeiter aus dem naheliegenden Autohaus heran. Der konnte deutsch. Ein paar
Telefonate später schrieb er mir eine Adresse auf, dort fände ich Hilfe. Das nenne ich Klasse.
Danke an den Unbekannten, der ohne großes Aufsehens weiterhalf! Dank meines Navi fand
ich das Motorradgeschäft. Die Tür zum Laden war geschlossen. Ein Zettel mit einem Pfeil
hing an der Scheibe. Um die Ecke ging es in den Keller. Die Einfahrt hinunter maß vielleicht
vier Meter von Wand zu Wand. Über die Hälfte davon füllten abgestellte Mofas aus. Der Chef
setzte sich auf die Dogge und fuhr hinab. Ohne Krähler an den Koffern hätte das bei mir so
nicht geendet. Und wieder einmal hörte ich zwei Worte: No problem. Es folgten drei weitere:
but not today, worauf ich sagte: No Problem. Visakarte gezückt und für 125,00 € Vorkasse
eine neue Batterie geordert. Das riss natürlich ein Loch in meine Urlaubsbudget und ein
Stück weit schaltete ich aus, eine passende Batterie in Deutschland für die Hälfte des
Geldes zu bekommen. Es sei jedoch gesagt, dass der Händler die Originalbatterie einbaute,
die auch bei uns so viel kostet.
„But not today“ hieß im selben Atemzug: Suche Dir ein Quartier.
Ein Blick auf die Karte verriet mir, dass in Palau, nordwärts gelegen, ein Platz unmittelbar am
Meer, zu finden sei.
Eine dreiviertel Stunde später stand ich vor dem Tor, ein seliges Lächeln ins Gesicht
gemeißelt. Die ersten vierzig Kilometer stimmten mich auf die nächsten Tage ein. Kaum aus
der Stadt heraus, begann die Straße kurvig zu werden, weit geschwungene Kurven. So wie
sie mir liegen. Ein Traum.
Zurück zum Zeltplatz. Für mich unergründlich, gaben die Pächter ihrem Platz den Namen
„Acapulco“. Zwischen Palau und Acapulco gibt es lediglich eine Gemeinsamkeit. Beide
liegen direkt am Meer. Ansonsten begrüßten mich weder schnauzbärtige Sombreroträger,
noch lief ich Gefahr, betrunken in diverse Sukkulenten zu fallen oder mir an der
mexikanischen Küche den Magen zu verderben. Der Name spielt keine Rolle. Für neun Euro
baute ich mein Zelt vor Sonne und Wind geschützt auf. Der Platz ist klein und die
Sanitäreinrichtungen auf niedrigem Standard, dafür absolut sauber und völlig ausreichend.
Es existiert eine Kneipe, in der „basics“ zu haben sind und in der selbstverständlich auch
essen gegangen werden darf. Ich saß dort, mit Blick aufs Meer, bei einem Teller Nudeln. Die
Bedienung gab sich wenig Mühe und schaffte es dennoch nicht, meine Laune zu verderben.
Nachts saß ich mit einer Flasche Rotwein am Strand, rekapitulierte die letzten Tage und
freute mich auf die erste Nacht auf Sardinien.
Das Rauschen des Meeres und die Sonne weckten mich am anderen Tag. Noch nicht einmal
sieben. Immerhin fiel der Gang zur Kneipe nicht umsonst aus. Mit zwei Croissants kehrte ich
zurück. Der Kocher trat seinen Dienst an und zusammen mit Instant Kaffee von Jacobs ließ
ich mir mein spartanisches Frühstück schmecken. Froh darüber, einen großen Teil des
Gepäcks einmal nicht mit dabei zu haben, ging es erst einmal zurück nach Palau. In den
Straßen rings um den Motorradladen fand ein Wochenmarkt statt. Fisch, Obst, Gemüse,
Fleisch, Backwaren, Kleidung, Spielzeug, Kitsch…boten die Händler feil. Auf jeden Fall
schafften die Vielzahl von Ständen und das Gewusel der Leute, meinen ohnehin nicht
ausgeprägten Orientierungssinn, aus dem Konzept zu bringen. Immer wenn ich sicher war,
am richtigen Ende der Straße zu sein , stellte es sich als den falsch gewählten Weg heraus.
Langsam wurde ich sauer auf mich. Mensch, dort steht doch das Haus. Nichts wie hin und
abgetaucht in die Katakomben der Werkstatt. Neben dem Eingang lag ein scheintoter Hund.
Ich fand die nötige Zeit, um zu schauen, ob sich das Tier tatsächlich im Nirvana befand.
Scheinbar sahen die Mechaniker meine sorgenvolle Blicke, stießen einen kurzen Pfiff aus
und siehe da, der Hund spitzte seine Ohren, mehr nicht. „He is old, not dead.“ schob einer
noch hinterher. Die Batterie war schnell eingebaut, das Bike die enge Einfahrt hochbugsiert.
Erst nachdem ich noch ein paar gute Tipps für Touren auf der Insel erhielt, gab es ein
Goodby, good luck and very nice days at sardinia“ . Ich brannte darauf, wieder auf die Straße
zu kommen. Wieder spielte mir mein Orientierungssinn einen Streich und so drehte ich ein
paar Ehrenrunden durchs Zentrum.
Auf der Überfahrt zur Insel nutzte ich die Zeit, um noch einmal den Plan für die nächsten
Tage abzustecken. Empfehlenswert ist das Buch „Sardinien – Die schönsten Motorrad-
Touren“ von Alfred Müller. Ich ließ mich zumindest von seinen Vorschlägen inspirieren.
Eine komplette Inselumrundung kam aus Zeitgründen nicht in Frage. Daher plante ich, erst
einmal in den Norden zu fahren und dann, so weit wie möglich, entlang der Westküste in
Richtung Süden zu touren. Der letzte Teil der Reise sollte quer über die Insel und entlang der
Ostküste bis hin nach Olbia führen. Logischerweise beschränken sich Touren nicht auf die
Fahrt entlang der Küste, vielmehr war der Innere Teil der Insel für mich der interessantere
Teil.
Lange Rede kurzer Sinn. Raus aus Olbia und schon steuerte ich Calangianus an.
Glückshormone strömten durch meinen Körper. Über solch tolle Straßen rollte ich bisher
noch nie. Griffiger Belag, kein Dreck, keine Bitumenstreifen, die das Hinterrad schon mal ins
Rutschen bringen.
Es hörte nicht auf. Eine Kurve reihte sich an die nächste. Hier kann ich mich schwindlig
fahren, so richtig austoben. Der Spaß ist grenzenlos. Orte rauschten an mir vorbei-Oschiri-
Martis-Perfugas-Tempio-Bassagutena und schließlich wieder Palau. Die letzten dreißig
Kilometer schleppte ich mich im Schneckentempo durch das Niemandsland. In all der
Euphorie vergaß ich, ausreichend zu trinken. Die Bestrafung folgte auf dem Fuß. Mir war
wirklich übel und eine totale Erschöpfung kam von jetzt auf gleich, einhergehend mit
extremer Müdigkeit. Letztendlich stand ich vor meinem Zelt und wollte nur noch liegen. Also
raus aus den Sachen und ab in die Waagerechte. Drei Stunden später war ich wieder oben
auf . Sofort ging es nach Palau und in den nächsten Supermarkt. Weißbrot, sardische
Salami, Tomaten und Oliven und eine Flasche Rotwein wanderten in den Korb und später in
meinem Magen.
Von einer peinlichen Situation auf dem Platz muss ich noch berichten. Der günstige
Standplatz am Meer hatte zu Folge, dass der Weg zum Sanitärtrakt ziemlich lang war. In der
Nähe standen jedoch Abwaschbecken und daran angegliedert ein einzelnes Klo. Die Sonne
ging unter: Ruhe kehrte auf dem Platz ein. Günstiger Moment, um sich aufs Klo
zurückzuziehen Dachte ich zumindest.. Natürlich täuschte ich mich. Zum Verdeutlichen: Das
Klo ist kein in sich geschlossener Raum, sondern unten und oben offen. Das was drinnen
passiert, hören alle Umstehenden draußen-ganz großes Geräusch- und Geruchskino. Jetzt
komme ich mal auf den Punkt. Gerade lasse ich mich gemütlich nieder, als ein Pärchen
tellerklappernd antrabt, um das abendliche Abwaschritual zu vollziehen. In diesem Moment
kann ich an nichts anderes denken, als: die können mich hören. Noch schlimmer: Jemand
rüttelt an der Tür und geht nicht weg. Da wartet jemand und will, dass die Hütte frei wird. In
diesem Moment ging bei mir nichts mehr. Hose hoch. Hier gehe ich nicht mehr drauf,
sondern nehme den Weg zum Trakt in Kauf.
Am nächsten Morgen packte ich die Taschen, räumte das Zelt ein und fuhr los. Die nächsten
zwei Tage sollten mich entlang der Westküste führen, verbunden mit ein paar Abstechern ins
Landesinnere. Entlang der Küste ging es von Palau in Richtung Alghero. Immer wieder
taucht das Meer auf und gibt den Blick auf schneeweiße Strände frei. Wenn die Westküste
nicht "so toll" sein soll, wie sieht dann an der Ostküste aus. Im Sommer stehen an den
Straßenrändern zuhauf Buden herum, aus denen Eis, Getränke und Sandwiches verkauft
werden. Die Strecke ist abwechslungsreich. Neben langweiligeren Geraden, tauchen
plötzlich wieder Kurvenformationen auf, die mir das Grinsen ins Gesicht zaubern. Kurz vor
Castelsardo stehen neben fliegenden Händlern ziemlich viel Autos rum. Bewaffnet mit
Fotoapparaten und Videokameras scheinen alle auf ein Ziel zuzusteuern. Das Objekt der
Begierde: eine Steinformation. Nicht irgendeine, sondern der "Roccia dell' Elefante. Mit viel
Fantasie lässt sich in die Brocken ein Elefant hineininterpretieren. Ich warte den günstigsten
Augenblick ab und banne das Motiv auf den Chip. Daheim werden später die wenigsten
erkennen, um was es sich dreht. Diese Fantasielosen...
An diesem Abend sollte die Fahrt in Alghero enden. Doch schon am frühen Nachmittag traf
ich der Stadt ein. Ganz in der Nähe befand sich ein Zeltplatz. Leider stellte sich heraus, dass
dieser nicht unmittelbar am Meer lag. Vor dem Tor standen vier Altherrenbiker, in
Lauerposition echte Granaten: Triumph Rocket 3, 7,5 Zentner, sechs Zylinder. zwei von den
Bikern kamen grad von der Rezeption und erzählten, dass der Platz pro Person 25,00 €
kostet und dabei nicht einmal ein schattiges Plätzchen, unter dem das Zelt aufgestellt
werden könnte. Alle schauten in die Karte und der "inoffizielle" Boss der Gruppe meinte, von
einem Platz in Bosa gehört zu haben. Mir gefiel es hier nicht, also schloss ich mich der
Gruppe an. Nicht wie geplant durch die Berge, sondern direkt auf der Panoramastraße führte
der Weg nach Bosa. Eine echt gute Entscheidung. Ein leicht entspanntes Schwingen mit
einem gigantischen Blick aufs Meer. Nach schätzungsweise 15 km tauchte das erhoffte
Hinweisschild auf.
Ab auf den Sandweg. Halt vor einer Schranke. Hinter dem offenen Fenster einer Holzbude
thronte eine strickenden Sardin, die die Ruhe weghatte. Nach dem Ausfüllen von ein paar
Zettelchen und der Abgabe von 10 € öffnete sie die Schranke und gab uns zuvor noch den
Tipp, in dreiminütigen Abstand die nächsten zwei Kilometer bis zum Platz in Angriff zu
nehmen. Ich wartete nicht ganz so lange und schluckte dafür säckeweise Staub. Irgendwann
tauchte eine Wiese mit Sonnenschutzdächern auf. Hier stand noch kein einziges Zelt.
Ständer ausgeklappt und die Dogge abgestellt. Der Staub hatte sich in jeder Faser
festgesetzt. Raus aus der Pelle. Auf dem schönsten Fleck stand innerhalb von vier Minuten
mein Zelt, schnell noch die Isomatte ausgerollt und der Schlafsack reingeworfen und schon
konnte ich das Umfeld sondieren. Erst einmal in den Strand. Herrlich, mal ohne Lederhose
und Jacke dazusitzen, die Füße bekommen wieder ordentlich Luft. In unmittelbarer
Nachbarschaft bauten dann noch die vier ältere Herren (65 bis 72 Jahre) ihre Zelte auf. Alle
samt trieben Triumph Rockets vor sich her. Geschosse, die beindruckend aussehen.
Anfang Juni läuft die Saison noch nicht auf vollen Touren, entsprechend ruhig geht es zu.
Auf diesem Platz soll es im Sommer so richtig zur Sache gehen. Die Anlage ist im Karree
angeordnet, die Barbereiche schön zugewachsen. Noch liegt alles im Dornröschenschlaf.
Zum Teil standen jedoch gemütliche Sessel auf den Wiesen verteilt. Eine Bar stand offen.
Der bestellte Rotwein war eiskalt. Halb so wild. Der Abend stand vor der Tür und darauf
stimmte ich mich jetzt ein.
Der Platz fand noch keine Berücksichtigung in den einschlägigen Führern. Muss wohl an der
Qualität der Sanitäranlagen liegen. Hier wird nur das Nötigste erledigt. Die Zähne putze ich
mir mit dem Wasser aus der Flasche. Das sagt alles. Nichts desto trotz würde ich hier mein
Zelt jederzeit wieder aufstellen.
Am nächsten Tag fahre ich in Richtung Oristano weiter. Es folgten Guspini dann nach
Fluminiamggiore bis Iglesias. Das Teilstück von F. nach Iglesias ist fantastisch. Hier reiht sich
Kurve an Kurve. Für mich blieb wenig Zeit die Natur links und rechts zu genießen. Der Blick
blieb auf der Straße. Leider läuft mir die Zeit davon. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig,
als quer über die Insel-von West nach Ost- durchzudüsen. In Arbatax schlage ich mein Zelt
auf dem Campingplatz Telis auf. Finde einen schönes abgeschirmtes Plätzchen. Der Hunger
stellte sich ein und so aß ich erst einmal die Einkäufe: frischer Schinken, Salami, Hartkäse,
Weißbrot, Tomaten und dazu, so gehört es sich, einen leckeren Rotwein. Genau das Richtige
nach einem anstrengenden Tag. Später lief ich zum Strand, legte mich in den Sand und
genoss das Rauschen des Meeres. Das Wasser hier ist türkisfarben und erinnert mich an
Bilder aus der Karibik. Ich fühle mich wohl auf dieser Insel. Es gibt so viel zu entdecken, nur
spüre ich, wie schnell die Stunden vorbeigehen.
Am nächsten Tag ging es wieder ab in die Berge. Kurve um Kurve schraube ich mich hinauf.
Mitten in der Pampa stehen zwei Biker, gestikulieren wild. Also halte ich an. Ich spreche kein
Italienisch, die beiden kein Deutsch und ebenso kein Englisch. Aber manchmal bedarf es
keiner Sprache, um herauszufinden, um was es geht. Ganz einfach: den Jungs fehlte Feuer
für die Zigarette. Wir Drei standen in der Sonne, rauchten und versuchten uns irgendwie zu
verständigen. im ersten Moment wunderte es mich, dass die beiden an nur einer Zigarette
zogen. Im zweiten Moment dann weniger, denn das Teil war selbstgedreht... Soviel sei
gesagt: Ich blieb bei meiner Sorte.
Noch bin ich nicht am Ende der Reise angekommen, aber der Bericht endet hier.
Ich kann Euch nur dringend empfehlen, Sardinien in Euren Tourenplan aufzunehmen. Es ist
landschaftlich toll und die Straßen sind einfach super. Ich habe die Tage wirklich genossen
und eines Tages rolle ich mit Sicherheit wieder einmal von der Fähre auf diese
wunderschöne Insel.
TenereTourer
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Re: SARDINIEN

Beitrag von TenereTourer »

Ganz toller Bericht, das macht Lust, hinzufahren.

Kompliment an deine spannende Erzählweise. :-)
Gruß
Günter
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Bergbiber
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Re: SARDINIEN

Beitrag von Bergbiber »

Wirklich klasse geschrieben! :daumen: das macht grad Lust... :mrgreen: :xt12:
Ich war schon mit dem Auto auf Sardinien und werde sicher mit dem Mopped nochmal dort landen! Es ist genau wie Du es beschrieben hast. Einfach schön! :sonne: :essen: :kaffee:
!!!ALLES WIRD GUT!!!
Liebe Grüsse,
Herr Dr. Biber
Super Mario

Re: SARDINIEN

Beitrag von Super Mario »

Toll geschrieben.
ja Sardinien Karibik von Europa sehr schöne Insel.

Was ich liebe grosser Grill und ein Florentiner Stak vom Metzger. :-) :-)


Gruss Mario
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Leone blu
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Re: SARDINIEN

Beitrag von Leone blu »

Wir waren letztes Jahr dort mit dem Mietwagen ein wenig auf Tour, traumhaft schön. Mein Entschluß steht fest, dass ich mit dem Motorrad sehr bald dort wieder hin will. Leider ließ sich mein Plan heuer nochn icht in die Tat umsetzen...

Aber ein sehr guter Spezl ist Sarde und er hat natürlich im Familienkreis Zugriff auf eine FeWo - wäre doch gelacht, wenn sich da nix ergeben würde...

Ciao, R.
Ich freue mich, wenn's draußen regnet - denn wenn ich mich nicht freue, regnet's auch... (Karl Valentin)
Bäda

Re: SARDINIEN

Beitrag von Bäda »

Schöner Bericht ... :daumen: :daumen: :daumen:

Bin auch absoluter Sardinienfan :sonne:
War schon 3mal für 3 Wochen auf der Insel ... immer mit Reisemobil und der Bulldog huckepack.
Wir haben öfter den Standort (CP) gewechselt und konnten so (fast) die ganze Insel kennenlernen.

Empfehlung für jeden der nicht nur auf Kurven (gibts woanders auch) sondern auch auf "karibische" Strände steht
Ich muss da auf jeden Fall auch bald mal wieder hin - :mrgreen:

Hier noch paar Fotos - schönen Abend

Bild
Didi

Re: SARDINIEN

Beitrag von Didi »

Vielen Dank für die positiven feedbacks. Wenn ich die Bulldog sehe, wird mir fast ein wenig schwer ums Herz, denn mit so einem Exemplar war ich in ganz Europa unterwegs. Jetzt freue ich mich aber auf meine erste größere Tour mit meiner "Neuen". Übrigens bin ich wieder einmal auf Sardinien unterwegs....
Bäda

Re: SARDINIEN

Beitrag von Bäda »

Versteh ich gut, Didi ...
man(n) hängt eben an seinen Bikes ...
vor allem wenn viele schöne Erinnerungen/Reisen damit verbunden sind.

Aber die wirst du mit der :xt12: sicher auch haben ... :daumen:
Viel Spass auf SARDINIEN - :winken:

PS: Ich schau mir dieses Jahr mal Elba an - :sonne:
jogyjogy

Re: SARDINIEN

Beitrag von jogyjogy »

Tolle Story , Hut ab !!!!!
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