Ans Nordkap und zurück, 8589 km Teil 1

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Sonic24
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Ans Nordkap und zurück, 8589 km Teil 1

Beitrag von Sonic24 »

Nach 5 Monaten der intensiven Vorbereitung startete am 14. Juni morgens um 8:00 meine Tour mit der Yamaha XT1200Z von Neunkirchen-Seelscheid hoch zum nördlichsten Punkt Europas, dem Nordkap mit einem Kilometerstand von 23217km.
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Die erste Etappe führte mich zu meinem Arbeitgeber TX Logistik AG, sowie zum Ausrüstungssponsor Modeka, um dort Fotos zu schießen. Im Anschluss ging es weiter nach Hannover, um mein Navi Motopilot 43 von Blaupunkt umzutauschen. Dies hatte 2 Tage vor dem Start den Geist auf gegeben :-/ An dieser Stelle hier nochmal ein großes „Danke schön“ für den schnellen Support seitens Blaupunkt.
In der Nähe von Flensburg habe ich die erste Nacht bei einem guten Freund und Arbeitskollege verbracht, bevor ich am nächsten Tag über die dänische Grenze nach Skandinavien reiste.
Bis kurz nach der Öresundbrücke fuhr ich über die Autobahn, ab da ging es dann auf E-Straßen und „weißen“ Straßen weiter Richtung Mariastad, wo die nächste Übernachtung geplant war. Der Regen machte mir jedoch einen Strich durch den Plan; so verschob ich das Ganze um rund 130km weiter Richtung Lindsberg, wo ich die erste Nacht im Zelt verbrachte.
Um 2:30 geweckt von wildem Vogelgezwitscher, es war draußen Taghell, wälzte ich mich schlaflos noch bis kurz vor 5 Uhr im Zelt herum, bevor ich beschloss, die Reise fortzusetzen Richtung Botnischer Meerbusen und der Küste entlang gen Finnland. Die Straßen in Schweden sind sehr gut ausgebaut, die Landschaft wunderschön, aber einen Elch habe ich bis dahin nicht zu Gesicht bekommen. Wer jemals die Geschichten von Astrid Lindgren als Buch gelesen oder die Verfilmungen dazu gesehen hat, fühlt sich bei einem Besuch der skandinavischen Länder sofort an diese erinnert. Endlose Straßen und Wege, gesäumt von satt gelben Feldern im Wechsel mit tiefgrünen Wiesen und Wäldern.
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Vereinzelt sieht man die für den Norden typischen Häuser, Gebaut aus Holz. Gestrichen in dem für Skandinavien typischen Rot. Weiße Rahmen um Fenster und Türen. Vor der Tür die typische kleine Veranda. Keine Einzäunungen rund um die Häuser. Alles frei zugänglich und mitten auf die Wiese gestellt. Einerseits ein Traum zum Leben. Andererseits teilweise weit ab von jeglicher Zivilisation. Der nächste Nachbar oft kilometerweit entfernt.
Durch die Verschiebung der Helligkeit und dem kontinuierlichen Verweigern des Blicks auf die Uhr spulte ich so einen Kilometer nach dem anderen ab. Das Fahren ist entspannt auf diesen Straßen. Manchmal an der Grenze zur Langeweile. Aber man muss wachsam bleiben. Das Nachlassen der Konzentration könnte auf diesen Straßen zu unangenehmen Situationen führen. Jeder der eine Motorrad Tour durch Skandinavien plant, kennt die Geschichten von Rentieren, die plötzlich aus dem nichts auftauchen. Im besten Fall kommt es zu einem überraschenden Augenduell. Im schlimmeren Fall zu einem Unfall mit nicht unerheblichen Folgen. Irgendwann tauchte ein Schild mit dem Hinweis „Finnische Grenze 30km“ auf; ich hatte einen Longrun von knapp 1000km absolviert.
Die Suche nach einem halbwegs akzeptablen Schlafplatz war nicht ganz so einfach, da hier wieder etwas mehr Zivilisation vorhanden war als in den anderen Gegenden. Deswegen beschloss ich, einen Campingplatz aufzusuchen. Ein kleines Bierchen zum nichtvorhandenen Sonnenuntergang und dann ab ins Bett ergo Schlafsack.
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Am dritten Tag führte mich meine Tour von Frevisören entlang der schwedisch-finnischen Grenze zum schwedischen Polarkreis.
Hier gab es dann auch endlich die ersten Rentiere zu sehen.
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Begleitet wurde ich für eine kurze Strecke von 2 Sachsen, die ebenfalls zum Kap hoch wollten, dafür aber eine andere Strecke gewählt hatten.
Somit trennte sich nach rund 70km unser Weg wieder und ich fuhr mutterseelenalleine durch Finnland.
Hier sagen sich zum Teil echt Fuchs und Hase gute Nacht. Aufgrund der langen Strecken ohne Zivilisation wurde nach rund einem halben Tank sicherheitshalber die nächste Tankstelle gesucht.
Nur selten begegnet man einem Auto auf den Straßen. Noch seltener hat man Kontakt zu Menschen. Umso intensiver nutzt man an Tankstellen und Points of Interest die sich automatisch ergebenden Kontakte zu anderen Bikern. Interessante Begegnungen ergeben sich so und durchaus eine Biker Freundschaft wie diese zu Max.
Im Vorfeld meiner Planungen hatte ich versucht, Mitfahrer für diese Tour zu finden. Leider verliefen alle Bemühungen im Sande. Aufgrund der einsamen Strecken über viele Kilometer ist es schon ratsam, in Begleitung zu fahren. Daher war ich in gewisser Weise erleichtert, als Max sich mir anschloss. Max lernte ich rund 100 km vor der finnisch-norwegischen Grenze an einer Tankstelle kennen. Er ist seit Mai mit dem Motorrad durch Europa unterwegs und ebenfalls auf dem Weg zum Nordkap. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und beschlossen, gemeinsam zu fahren.
Da der Weg zum Kap laut Navi nur noch knapp 300km war, wollten wir noch am gleichen Tag ankommen. Je weiter nördlich es ging, umso karger wurde die Landschaft, sie wandelte sich zur Tundra mit Blick auf schneebedeckte Berge. Trotz alledem war es im Sonnenschein angenehm warm mit 15°C. Unterwegs machten wir eine kleine Pause, trafen ein paar Jungs aus Kassel, die auf dem Weg in den Süden waren. So standen wir in T-Shirt auf dem kleinen Parkplatz in der Sonne, während hinter uns ein zugefrorener See war. Man kann das nicht wirklich glauben, das Ganze wirkt irgendwie surreal.
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Die Jungs gaben uns den Tipp, dass es ab Alta kalt wird, immerhin führt die Straße über ein Fjell, dass z.T. mit Schnee bedeckt ist. Also hieß es das Thermofutter rauszusuchen, anzuziehen und weiter zu fahren. Wir machten uns auf den Weg über Alta und Skaidi nach Honningsvag. Der Fjell war atemberaubend. Blauer Himmel, eine hervorragende Weitsicht und eine endlose Straße, die fast genauso aussieht wie auf Bildern aus den Staaten, lange Gerade und ein Hoch und runter.
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Gegen 22 Uhr, mit ein paar Stopps zum Tanken und für Bilder erreichten wir Honningsvag auf der Nordkapinsel. Also ab zum Kap, das Wetter ausnutzen. Hier weiß man nie, wann es schlechter wird, das kann schlagartig passieren. Die Fahrt zum Nordkap war mit ein paar schönen Kurven richtig interessant, bevor wir am Kassenhäuschen ankamen und umgerechnet 30€ bezahlten, war das Ziel endlich erreicht. 4 Tage und rund 3600km sind geschafft, nun hieß es erst mal die Aussicht und den Sonnenunter- und Aufgang genießen, Postkarten mit der einzigartigen Nordkap-Briefmarke verschicken und Bilder mit dem Motorrad vor der Weltkugel machen.
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Nach drei Stunden fuhren wir zurück zum Campingplatz, wo wir die restliche Nacht verbrachten, bevor es an den Rückweg durch Norwegen ging. Über Alta fuhren wir an der norwegischen Küste entlang und das ein oder andere Fjell bis Narvik, wo die nächste Pause eingelegt wurde. Inzwischen hatten wir z.T. starken Regen und wir überlegten, ob wir Richtung Süden weiter fahren oder in Narvik übernachten und das gute Wetter abwarten sollten. Wir entschieden uns für eine Übernachtung und planten den nächsten Tag. Da bei mir der Zeitplan komplett aus den Fugen geraten war und ich schneller vorankam als geplant und somit ein Zeitpolster hatte, beschloss ich, die Lofoten mit zu nehmen. Jeder schwärmt davon, also ab dahin. Wir hatten beim Aufstehen gutes Wetter, also war die Entscheidung richtig, dachten wir.
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Über den King Olavsvegen ging es zur Tjeldsundbrücke und je näher wir uns den Lofoten näherten, umso mehr bekamen wir das Atlantikwetter zu spüren. Es wurde stürmisch, z.T. fuhren wir massiv in Schräglage, ohne Kurve… Auf den Lofoten erwischte uns dann ein Atlantiksturm, trotzdem sind die Inselgruppen herrlich. Wer sich ein bisschen Andalusien vorstellen kann, so in etwa sind die Lofoten: bergig, karg, ein paar Wiesen und viele Schafe. Die Straßen hier sind wunderbar zu fahren, geteert und von breit bis schmal alles dabei. Wir wollten aber was sehen und die Fähre nach Bodö ging erst um 20 Uhr, also hieß es für uns die Insel erkunden, runter von den asphaltierten Straßen und Spaß haben. Für mich war das nicht so schwer, für Max mit der K1600GT schon etwas mehr. Aber es hat alles ohne Probleme geklappt, keine Schäden, dafür war die Vorbereitung zu gut. Nur der Regen… Also fuhren wir wieder zurück auf die festen Straßen und weiter nach A i Lofoten, von wo aus die Fähre nach Bodö ging. Hier trafen wir einen alten Bekannten, Gustavo, ein Spanier den wir kurz zuvor schon am Nordkap getroffen haben.
Gruß Nico

Gott erschuf alle Menschen gleich.
Doch nur die besten wurden Biker

Bisherige Moppeds: XV535, FZS600, XT1200Z
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